
Südschweden + 2 Städte
Unser Zirbel hat uns leise daran erinnert, dass er doch eine ganze Menge Autarkie- und Offroad-Fähigkeiten hat! Und es sollte doch auch in unserem Interesse liegen, diese näher kennen zu lernen …
Fast gleichzeitig haben wir uns an das «Allemansrätten» (Jedermannsrecht) in Schweden erinnert und das es dort viel mehr freien Platz gibt …
Südschweden sollte unser nächstes Ziel sein.
Als Kontrast zum Fokus «wie viele Tage können wir frei und autark stehen», planten wir noch je einen Städte-Besuch in Lübeck und Kopenhagen – auf ganz normalen Camping-Plätzen.
Welche Routen werden wir finden, Übernachtungsplätze? Wie wird die Wassertankbefüllung von einem See oder Bach funktionieren – mit der externen Filteranlage?
Das waren nur einige der zentralen Fragen im Vorfeld auf deren Antworten wir sehr gespannt blickten.
Lübeck haben wir in 2 Tagen erreicht, dann war auch ausruhen angesagt (Job, immer noch ungewohnt umfangreiche Reisevorbereitungen und dann 2 ausgedehnte Autobahnstrecken von Rheinfelden (CH) nach Norddeutschland . . .) 😮
Nach Lübeck haben wir bewusst noch die Fährverbindung nach Trelleborg gewählt, um nochmals richtig entspannen zu können – für uns war das sicher die richtige Entscheidung.
Südschweden hat auf Anhieb unsere Vorfreude in entspannte und reinste Freude gewandelt. Schon kurz nach der Ankunft in Trelleborg spürten wir das typisch Schwedische Flair, konnten es aber noch nicht zuordnen.
Wir fühlten uns in Schweden sicher ein Stück weit zu Hause – je länger wir dort waren, umso mehr.
Kopenhagen war dann mehr als ein würdiger Abschluss. An uns soll es sicher nicht liegen, dass uns die Stadt mal wieder sieht – mit etwas mehr Zeit und Musse.
Für die Heimreise haben wir den Landweg gewählt, weil wir auch mal ausprobieren wollten, 1’300 km in 2 Tagen zu fahren – eher anstrengend, aber bei 2 FahrerInnen und einer bequemen Kabine gut machbar 🙂
Allemannsrätten – das «Jedermannsrecht»
Vereinfacht ausgedrückt ermöglicht dieses Recht allen den freien Zugang zur Natur, unabhängig davon, wem das Land gehört. Oberster Grundsatz: nicht stören und nicht zerstören – in einem Wort: verantwortungsvoll.
Genauere Beschreibungen anhand konkreter Beispiele lassen sich im Netz ganz einfach finden, z.B. hier.
Lübeck
Es waren waren die ersten Tage, an denen wir «nichts zu tun» hatten – einfach geniessen war angesagt und Lübeck hat uns dies sehr, sehr leicht gemacht.
Die Stadt ist übrigens seit 1987 UNESCO Welterbe.
Sei es bei den Erkundungen der typischen Gänge und Höfe, Lübecks Wohnoasen mitten in der Stadt, oder beim Flanieren durch die Altstadt mit Pause in einem Café, z.B. am Marktplatz, wir kamen mehr und mehr in unseren Ferienmodus.
Mit unseren angedachten Museumsbesuchen hatten wir pech: entweder es war gerade geschlossen (Corona, Umbau …) oder ausgbucht – wie z.B. das Europäische Hansemuseum. (Tickets nur online erhältlich und während den Reisezeiten reserviert man diese besser einige Tage im Voraus.)
Was nicht war, kann ja noch werden . . .
Dafür wurden wir bei einem stimmungsvollen, kulinarisch hochstehenden Nachtessen umso mehr verwöhnt. Es lohnt sich zu schauen, wo Einheimische hingehen 😉
Übrigens hat sich unser Mobilitätskonzept bestens bewährt: wir übernachten eher am Stadtrand und legen die Restdistanzen (bis ca. 12, 15 km) mit unseren e-Bikes zurück.
Sandhammaren Naturreservat
Ein Paradies für Naturliebhaber! Wir haben hier 2 Nächte autark auf einem 24h-P auf einer Waldlichtung an einem märchenhaft anmutenden Flecken Erde verbracht. Eine spezielle Flora und Fauna beim langsamen Übergang von Ostsee zu Festland. Auf der einen Seite fanden wir Waldgebiete mit viel sandigem Bodenanteil, auf der anderen Seite bunt blühende Pflanzen direkt am Sandstrand.
Für mich war es auch ein Ort, an dem ich die Balance und Einheit der unterschiedlichen Naturelemente ganz deutlich spürte.
Öland
Öland erreicht man ganz einfach über die Ölandbrücke (Ölandsbron); rund 6 km lang, zwischen 30 und 40 m.ü.M.. Wir steuerten direkt den Trollskogen an, den Zauberwald an der Nordostspitze der Insel.
Seinen Namen erhielt er seiner besonders verbogenen Kiefern wegen. Im Morgenlicht rötlich schimmernd, bis an den Strand der noch dunklen Ostsee reichend, zaubern diese Kiefern eine einzigartige Atmosphäre eines «verwunschenen» Flecken Erde.
Wir wollten noch etwas länger in dieser Umgebung bleiben und wechselten deshalb auf einen offiziellen Stellplatz auf der Westseite derselben Bucht – ganz in der Nähe des «Langen Eriks». Ein kurzer Besuch bei diesem (still gelegten) Leuchtturm gleicht einer kleinen Reise in vergangene Zeiten …
Tags darauf machten wir eine Rundfahrt mit unseren E-Bikes. Märchenhafte mit Moos und Flechten bedeckte Waldabschnitte, einen einsamen Traumstrand und spannende Überlandstrecken mit mystischen Steinen wechselten sich in wunderbarer Weise ab – einzig unsere Lust nach Zimtschnecken (Kanelbullar) blieb (vorerst) unbefriedigt 😉
Immerhin fanden wir bei der Marina in Byxelkrok einen kleinen Markt mit typisch heimischer Handwerkskunst – und leckerem Eis 🙂 🙂
Nun wollten wir aber noch den «Bruder» vom Langen Erik besuchen, den Langen Jan. Ein ebenfalls still gelegter Leuchtturm an der Südspitze Ölands, jedoch mit lebendiger Gäste-Infrastruktur und vor allem mit einem Naturreservat für Vögel.
Obschon für die Vogel-Fotografie nicht die beste Jahreszeit war, sind mir einige tolle Bilder gelungen; und im Wasser, ca. 150 m vor dem Strand hielten einige Robben Siesta. Dass sie sich in einem Vogel-Reservat befanden, störte sie nicht im geringsten 😉
Auf unserem Weg von der Nordspitze Ölands bis ganz in den Süden, machten wir einen Zwischenhalt beim Schloss Borgholm. Gut er- und unterhalten, imponiert es mit sehr massiven Mauern und vielen weiteren, cleveren Verteidigungsmechanismen. Aber auch die historische Präsentation durch das integrierte Museum ist eindrucksvoll.
Insgesamt war Öland ein Highlight unserer Reise nach Südschweden und wir wären wohl auch noch länger geblieben, hätten die Wettervorhersagen nicht so deutlich für einen eher raschen «Seitenwechsel» an die Westküste Südschwedens gesprochen.
Zwei Dinge wollten wir aber noch auf dem Weg dahin sehen:
1. Einen besonderen Elchpark und
2. das grosse Moor – den Sore Mosse Nationalpark nördlich von Värnamo
Elchpark und Store Mosse
Um Elche in Südschwedens freier Natur zu treffen, braucht man entweder Glück oder mehr Zeit, als wir hatten.
Aus den vielen Elchparks – mit unterschiedlichen Präsentationskonzepten – entschieden wir uns für den «Grönåsen Elch & Landtierpark». Wir legten besonderen Wert darauf, dass der Park so gross war, dass sich die Elche auch zurückziehen konnten. So entstand zumindest teilweise eine Art «Simulation» einer natürlichen Begegnung 🙂
Das Store Mosse ist Südschwedens grösstes Moorgebiet und erhielt schon 1988 das «Europäische Diplom für besonders schützenswerte Gebiete». Trotz starker Bewölkung genossen wir das ständig wechselnde, teils sehr intensive Farbenspiel des riesigen Gebiets.
So wurde aus einem kurzen «Erkundungstrip» kurzerhand eine 12 km-Wanderung – mit nicht mehr als einer kleinen Flasche Wasser für beide …
Dafür schmeckte mir das Bier hinterher ganz besonders gut und das Nachtessen – eine Schlemmerei 😉
Göteborg
Göteborg ist eine Stadt mit so vielen Facetten, dass die wenigen Tage eben zu wenig waren. Im hippen Haga-Viertel gäbe es noch viel Spannendes zu entdecken. In den Salu-Hallen jagt ein kulinarisches Ausnahmeangebot das nächste und zusätzlich gibt es Bäckereien deren Zimtschnecken schwer zu widerstehen ist.
Unser Stellplatz lag etwas ausserhalb des Zentrums. Ruhiger Schlaf und kurze e-Bike-Fahrten, das Konzept bewährt sich. Wir achten dabei stets auch noch auf Sicherheitsaspekte – so gut es geht. In Göteborg war alles gut!
Autarkie, Offroad
Den wichtigsten Test dieser Reise haben wir nach Göteborg in Angriff genommen: autark leben
- geeigneten Platz auf Karte finden
- Lebensmittel- und «Bedürfnis»-Vorräte prüfen/auffüllen
- Standplatz anfahren
- geniessen
Unseren Platz haben wir auf der Karte sorgfältig ausgewählt, eine grössere Waldlichtung an einem kleinen See mit einer Offroad-Zufahrt (durch den Wald). Und wir hatten Glück, die Zufahrt war gerade so breit genug und auch sonst passte alles. Wir wählten bewusst einen Stehplatz nahe am Waldrand mit viel Schatten um möglichst wenig Solarenergie aufzunehmen. So sank unsere Batteriekapazität nach 4 Tagen auf ca. 50 %.
Erster Test:
Laden der Aufbaubatterie (direkt!) über die Standard-Licht-maschine unseres Scanias. Dazu haben wir einen Switch eingebaut, der es uns erlaubt, einerseits den LKW-Motor über die Wohnaufbau-Batterie zu starten und dann natürlich diese Batterie auch direkt zu laden.
Bei laufendem Betrieb (Kühlschrank, Wasserpumpe, Strommanagement) waren unsere beiden 5.5 KW-Lithium-Batterien nach etwas mehr als 45 Min. wieder bei 100 % – passt!
Zweiter Test:
Unser Wasservorrat war nach 4 Tagen natürlich auch etwas reduziert (ca. 60 %; ohne besondere Sparmassnahmen). Also bereitete ich Wassernachschub aus dem See vor.
Dafür haben wir eine Kärcher BP7 Wasserpumpe mit genügend Schlauch um sowohl eine Höhendifferenz von bis zu sechs, sieben Metern als auch eine Distanz von bis zu vierzig Metern zu überwinden.
Natürlich haben wir auch noch einen zusätzlichen Filtersatz von Lilie, bestehend aus Vor-, Keramik- und Aktivkohle-Filter. So bekommen wir grundsätzlich nur sauberes Wasser in unsere Tanks.
Auch dieser Test verlief sehr erfolgreich. Nachdem wir den Druck auf das richtige Level reduziert haben, spendete die Anlage genügend trinkbares Wasser, um unsere Tanks in kurzer Zeit wieder zu füllen.
Auch ein Glas Wasser, entnommen direkt vor dem Einfüllen in die Tanks hat uns nicht nur geschmeckt, es blieb auch ohne jegliche Nachwehen 🙂
Aus diesen Tagen zogen wir folgendes Fazit:
Autark an einem abgelegenen Ort zu stehen und einfach das «Sein» zu geniessen wird sicher ein wichtiges Element unserer Reise werden. Wie lange wir das jeweils können, wird stets durch das Zusammenspiel von Verbrauch und Nachschub der drei zentralen Faktoren begrenzt:
Energie, also Strom (Solar, Diesel); Verpflegung; Wasser.
Wenn wir eine Wasserquelle in der Nähe haben (z.B. See, Bach …) wird es vermutlich darauf hinaus laufen, dass nach 2, maximal 3 Wochen eher wieder die Freude an neuen Entdeckungen grösser werden könnte, als mit den e-Bikes frische Lebensmittel (vor allem Gemüse, Früchte, Beeren, evtl. Nüsse) zu besorgen. Aber das lassen wir entspannt auf uns zu kommen.
Falsterbo
Quasi schon auf dem Nachhauseweg wollten wir uns – vor dem Abstecher nach Kopenhagen – noch Falsterbo anschauen. Diese, ganz am südwestlichsten Zipfel Schwedens gelegene Halbinsel zieht offenbar einige sehr gut Betuchte schwedische Pensionäre an. Jedenfalls haben wir grosszügig angelegte, sauber unterhaltene Parkanlagen um ebenso stattliche, gut bewachte Domizile gesehen. Aber neben ein, zwei Golfanlagen hat man auch hier der Natur ihren Raum gelassen und den Menschen die Möglichkeit, diese reichlich zu geniessen. Sei es direkt im Strandbereich oder etwas dahinter. Für uns war es einerseits etwas spät in der Saison, so dass die meisten Lokale schon geschlossen hatten und um autark noch mehr Zeit zu verbringen, ist diese (gut besiedelte) Halbinsel etwas klein.
Auf nach Kopenhagen!
Kopenhagen
Was für eine Stadt von Welt. Nach den eindrücklichen und mehrheitlich ruhigen Tagen in der südschwedischen Natur war Kopenhagen genau der richtige Schlusspunkt unserer Reise.
Nocheinmal bewährten sich unsere e-bikes als ideales «Bindeglied» zwischen dem grossflächigen «Zentrum» mit all den Spots, die uns interessierten und unserem Campingplatz, Charlottenlund.
Übrigens eine wunderschön an der Küste gelegene, saubere Infrastruktur mit einem grossartigen Restaurant (herrliche Aussicht) und sehr entspannter Atmosphäre. Aber eben deutlich ausserhalb des Zentrums …
Wer dort einen Platz möchte, sollte mehrere Monate im Voraus buchen.
An dieser Stelle verzichten wir bewusst darauf, all unsere besuchten Sehenswürdigkeiten bzw. die persönlichen Entdeckungen aufzuzählen. Jeder halbwegs passable Reiseführer oder auch diverse Websites präsentieren das üppige Angebot wie auf einer gut sortierten Menükarte.
Wir empfanden die wenigen Tage in Kopenhagen jedenfalls eher als zu kurz, aber wir werden sicher wieder eine neue Gelegenheit finden, in dieser Stadt auf Entdeckungspirsch zu gehen.