«vom Tirol bis zur Ostsee» ausführlicher

Unsere, erste längere Reise mit dem Zirbel:
Vorfreude, Freude, Neugier, Staunen und natürlich etwas Chaos, Improvisation . . .
Unsere Gefühlswelt vor und während diesen 4 Wochen war geprägt von laufend neuen Eindrücken und Erlebnissen.

Nicht nur, dass wir auch Städte und Landschaftsgebiete gewählt haben, welche wir beide noch nie kennen lernen durften, nein auch und vor allem begaben wir uns zum ersten Mal für längere Zeit in ein für uns völlig neues Leben.

Ein Leben in einem autarken, offroadfähigen, Expeditionsmobil, in unserem Zirbel.

Nach ein paar Korrekturen in Kolsass, bei „Schatzmeisters“, verbrachten wir noch einen Tag und eine Nacht in der Nähe des wunderschönen Achensees im Tiroler Karwendelgebirge, bevor wir am nächsten Tag München anfuhren.

Wir kennen und schätzen diese Metropole an der Isar beide sehr. Unseren Zirbel konnten wir direkt beim Englischen Garten parken und die Stadt leicht mit unseren E-Bikes besuchen.

Diesmal ging es jedoch schnell wieder weiter, unsere Hauptziele waren ja die Ostsee und die Mecklenburgische Seenplatte. Unterwegs wollten wir vor allem noch Dresden, vielleicht Leipzig und/oder Berlin sehen.

Kleiner Einschub:
Wir planen ja ab Ende 2022 eine zeitlich unbegrenzte Weltreise zu unternehmen. Unsere Grundlage wird „langsames Reisen“ sein, es wird uns nicht darum gehen, eine bestimmte Liste an Reisezielen zu „absolvieren“ oder einfach möglichst viel zu sehen. Vielmehr haben wir (zum Glück beide!) Freude an intensiven und entspannten Reiseerlebnissen, vorwiegend in der Natur und nur ab und zu in Städten.Künftig versuchen wir, durchschnittlich nicht mehr als +/- 15‘000 km pro Jahr zu fahren.
Bei dieser ersten – und auch bei den nächsten „Ferien-Reisen“ – geht es jedoch vor allem auch darum, Tests durchzuführen, Erfahrungen zu sammeln, also um Vorbereitung auf das, was hoffentlich noch kommen wird.

So fahren wir nun verhältnismässig eher zügig Richtung Ostsee, weil wir auch diese Gross-Region für später etwas kennen lernen wollten. Dennoch, wir schauten uns die schöne Stadt  Regensburg kurz an (1 Übernachtung), verbrachten 2 Nächte am Steinberger See und 1 Nacht auf einer Rinderweide in Tschechien, bevor wir beide das erste Mal Dresden kennen lernen durften.

Dresden, welch geschichtsträchtige Stadt! Stellvertretend für die vielen Orte und Bauten einige Merkmale der Frauenkirche:

  • Erster Bau: vermutlich eine Missionskirche aus Holz um 1020
  • Ab ca. 1743: Fertigstellung derjenigen Kirche, welche dann im 2. Weltkrieg
    völlig zerstört wurde
  • Die DDR beschloss, den Trümmerhaufen als Mahnmal gegen den Krieg „liegen“
    zu lassen
  • Nach der friedlichen Revolution 1989: Pläne für einen Wiederaufbau nahmen Formen an
  • 1996 – 2005: Wiederaufbau der Frauenkirche – auch mit über 3‘500 dunklen Original-Trümmersteinen, die wiederum als Kriegswarnung in die Aussenfassade eingebaut wurden
  • Gesamtkosten: ca. € 180 Mio., 115 Mio. davon kamen durch Spenden aus aller Welt (!) zusammen, 65 Mio. Euro kamen von der Stadt Dresden, dem Freistaat Sachsen und dem Bund in etwa zu gleichen Teilen

Übrigens, auch in Dresden konnten wir sehr angenehm ganz in der Nähe des Stadtzentrums und doch ziemlich ruhig auf einem 24-Std.-Parkplatz stehen.

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Und noch dies: mir war bis dahin nicht bewusst, dass Dresden auch an der Elbe liegt … 😮

Der Fluss entspringt wenige Kilometer östlich des nordtschechischen Wintersportzentrums Harrachov, nur wenige Meter von der polnischen Grenze entfernt. In einem grossen Bogen fliesst die Elbe durch weite Teile Tschechiens, „vereint“ sich u.a. mit der Moldau und kommt nach rund 370 km über die Grenze nach Deutschland (wenige Kilometer südöstlich von Dresden). Nach knapp 1‘100 km fliesst sie „hinter“ Hamburg in die Nordsee. (Reisen bildet . . .)

Weiter ging es auf der Autobahn Richtung Norden, der Ostsee entgegen. In Berlin konnten wir nicht einfach durchfahren. Toller Stellplatz im Grünen und doch war die City mit den E-Bikes in wenigen Minuten gut erreichbar. Wir schauten uns wiederum einige eindrückliche Mahnmale des zweiten Weltkriegs an, diesmal mit Fokus auf die Mauer.

Für mich wird es immer ein Phänomen bleiben, wie autokratisch/diktatorische Regime denken, sie können mit massiven Zwangsmassnahmen gegenüber dem eigenen Volk langfristig erfolgreich sein. Aber keine Angst, an dieser Stelle tauche ich nicht weiter in diesen Themenkomplex ein. Es wird für mich immer etwas Beklemmendes sein.

Nach 2 ½ Tagen machten wir uns auf den Weg, endlich die Ostsee zu sehen. Zuerst verbrachten wir einen Tag und eine Nacht in Greifswald, ein schönes, gemütliches Städtchen zwischen den bekannten Ferieninseln Usedom und Rügen.  Nebst einem interessanten Markt fiel uns auch die sprichwörtlich nordische Gelassenheit auf.

Vielleicht hat mich ja genau diese Gelassenheit beschlichen und dazu beigetragen, dass ich unsere erste Panne eingefahren habe.
Vor der Abfahrt aus Greifswald habe ich vergessen, die LTE- und WLAN-Antennen „runterzuklappen“. Diese liegen auf einer Höhe von beinahe 3.90 m, aufgeklappt überragen sie natürlich die 4m-Grenze … wie es das Schicksal so wollte sind wir kurz nach der Abfahrt unter einer entsprechend tiefen Brücke durchgefahren! Das war der Beginn einer „Abfahrts-Checkliste“ … und die Bestätigung, dass es sehr, sehr viel zu lernen gibt.

Unsere nächste „Station“ war Usedom. Beim Forsthaus Langenberg, Bansin in der Nähe von Heringsdorf fanden wir einen der schönsten Stellplätze dieser Reise. Rund 60 m über Seehöhe, direkt an der Steilküste, auf einer Waldlichtung mit fantastischem Blick über die Ostsee. Wir genossen die Ruhe, die Weite, die herrliche Luft, Schmetterlinge flogen am Strand, kulinarische Höhepunkte, nicht nur bei unseren Gastgebern im Forsthaus und vieles mehr. Zum ersten Mal wurde bei mir das Gefühl deutlich wahrnehmbar: 4 Wochen können sooooo kurz sein …

Wir wollten ja noch andere Eindrücke von der Ostsee und vor allem von der Mecklenburgischen Seenplatte gewinnen.
Zum Beispiel in Ribnitz das „Deutsche Bernsteinmuseum“ besuchen und einen eher kleinen, relativ unbekannten Ort der ehemaligen DDR.

Davor fuhren wir aber noch zum Saaler Bodden, bzw. zum Stellplatz am Hafen Neuendorf. Bei der Anfahrt passierten wir eine grosse Wiese an deren anderen Ende sich Kraniche zum übernachten einfanden. Leider sind wir (immerhin ganz langsam) vorbeigefahren, weil wir zum einen wussten, dass es am späten Nachmittag mit einem Stellplatz für unser eher grosses Fahrzeug knapp werden könnte und weil wir zum anderen dachten, wir würden schon noch Gelegenheit zur Beobachtung von Kranichen erhalten.
Nur der erste Gedanke sollte sich als richtig erweisen … schon wieder etwas gelernt.

Immerhin durften wir uns noch auf einem Parkplatz vor dem Stellplatz hinstellen. Nach einem feinen Nachtessen schenkte uns die Natur dafür einen besonders stimmungsvollen, farbenprächtigen Sonnenuntergang. Zudem entpuppte sich diese Region mit dem Naturschutzgebiet und den vielen Vogelarten definitiv als Ort, den wir gerne mal länger besuchen wollen.

Im Bernsteinmuseum in Ribnitz kann man nicht nur alles über Bernstein erfahren, man kann diesen auch selber bearbeiten und auch gemütlich Kaffee und Kuchen geniessen 🙂

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Ribnitz selbst hat nach unserem Eindruck die Zeit und seine Lage an der Ostsee genutzt und viel Aufbauarbeit geleistet.
Wir sahen einen Ort mit viel Kleingewerbe, einigen Sehenswürdigkeiten, gemütlichen Kaffees und Beizen, einen belebten Markt und allgemein eine gute Infrastruktur.

Von nun an, nach etwas mehr als 2 ½ Wochen gehörte unsere ganze Aufmerksamkeit der Mecklenburgischen Seenplatte.

Zu Beginn legten wir zwei eintägige Kurzaufenthalte ein:

  • in Güstrow, mit einem ausgedehnten Besuch im Wildpark (tolle Begegnung mit einem Bären und einem Wolfsrudel – zusammen mit Luchsen in demselben Grossgehege!)
  • gefolgt von einem Besuch des archäologischen Freilichtmuseums Gross Raden bei Sternberg (Nachbau einer altslawischen Siedlung).

Dann aber wollten wir am Krakower See, an einem einsamen Platz, ganz in Seenähe zwei, eher drei gemütliche Tage autark stehen. E-Bike und Kajak fahren, ein bisschen “herumlümmeln“, gut Essen, ein Gläschen Wein . . .

So der Plan. Immerhin hat es am nächsten Morgen noch für ein gemütliches, richtig gutes Frühstück gereicht. Das Geschirr war gemacht, das Wetter herrlich, die Bikes standen bereit für eine Runde um den See. Nur noch schnell das vor ca. 2 Std. geöffnete Hubdach wieder schliessen (angetrieben von einem Hydraulik-Motor) . . .

Mein Druck auf die entsprechende  Fernbedienungs-Taste wurde mit einem deutlichen „Nichts“ quittiert. Und ich war ziemlich irritiert … schliesslich war es Freitag, kurz vor Mittag, also unmittelbar vor Wochenende!

Mein ziemlich hastiger Quercheck mit unserer ausfahrbaren Rampe für die Eingangstreppe führte zum selben Ergebnis: ein genauso deutliches „Nichts“ (gleicher Mechanismus, 2. Hydraulikmotor, 2. Fernbedienung).

Und wir standen allein auf weiter Flur im „Nirgendwo“. Statt gemütlicher Bikerunde schon wieder Zeit zu lernen, viel zu lernen …

Man muss vielleicht noch wissen: ohne geschlossenes Hubdach bzw. eingefahrene Rampe, kann man mit dem Fahrzeug keinen Meter fahren (Sicherheitsmechanismus!), die Nächte waren schon ziemlich kühl und unser Moskitonetz hatten wir auch noch nicht erhalten!

Ich hatte noch keinen Multimeter dabei, auch sonst nur wenig Werkzeug und kannte das Fahrzeug logischerweise noch nicht wirklich . . . es war quasi „angerichtet“.

Immerhin, ich kann Krisenmanagement – und ich wusste, wer uns helfen kann:

Zuerst hat uns eine lokale Garage (ca. 7 km entfernt) mit einem Multimeter geholfen. Danach war klar, die Hydraulikmotoren „erhielten“ statt 24 nur etwa 5 (!) Volt (also ein Spannungs-zusammenbruch) . . . aber weshalb?

Mein Schwiegersohn, Christian (hatte sofort den richtigen Gedanken); Mario von Schatzmeister 4×4; und Gerhard von Scania, Inzing haben mir abwechslungsweise mittels Telefonberatung nicht nur den Weg zum Problem gezeigt (der Massepunkt für beide Hydraulikaggregate verlor den Kontakt zu den Minuskabeln der Aggregate; im Fachjargon ist das ein „Masseproblem“) sondern vor allem dafür gesorgt, dass ich dieses schrittweise beheben konnte.

Mario hatte um ca. 17:00 Uhr die entscheidende Idee: den Massepunkt mit einem Überbrückungskabel zu “ersetzen“. Und aus dem „Nichts“ wurde sofort das gewohnte „iieeehhhhh“.  Wir waren zumindest wieder mobil und das Dach war zu, die Rampe eingefahren!

Spät abends um ca. 19:45 Uhr (!) konnte ich dann Mario durchgeben, dass die in der Region zuständige Scania-Assistance (ca. 55 km von unserem ursprünglichen Standort entfernt) den Massepunkt in Ordnung gebracht hatte und wir wieder ganz regulär unterwegs waren – einfach nur noch zur nächstbesten Übernachtungsmöglichkeit.

Am nächsten Morgen beschlossen wir, nicht mehr zum Krakower See zurückzukehren, sondern direkt zum Müritz Nationalpark zu fahren, wo wir dann eine etwas längere Wanderung durch einen wahren „Märchenwald“ unter unsere Füsse nahmen: der „Buchenwald von Serrahn“, so sein Name, ist ein UNESCO-Weltnaturerbe (östlich von Neustrelitz).

Umgestürzte Bäume werden liegen gelassen und gegebenenfalls der Weg um den Baum herum angepasst.

Mal fanden wir uns in einem Mischwald, meist waren alte Buchen, einmal aber auch die schönen weissen Birken in deutlicher Überzahl. Wir passierten ein ausgesprochen still gelegenes Moor und dann und wann wanderten wir an idyllisch gelegenen Teichen vorbei.

Der Tag war eine einzige Wohltat für alle Sinne und einmal konnten wir uns sogar in wetterfeste Hängematten legen und so auf komfortable Art und Weise für eine Weile die Perspektive ändern.

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Am übernächsten Tag waren wir mit Willy und Moni beim Wisentgehege bei Damerow am Kölpinsee verabredet. Willi und ich lernten uns quasi über „Scania“ (Basisfahrzeug unseres Zirbels) kennen. Als ich bei der ersten Abnahme durch das Aargauer Strassenverkehrsamt durchgefallen war, kam Willi auf mich zu, als ich bei Scania, Pratteln das weitere Vorgehen besprach. Willi hat sowohl eine Vorliebe für Scania-LKWs als auch für Reisen „mit speziellen Fahrzeugen“. Ein Wort gab das andere und so erfuhren wir von den jeweiligen Plänen des anderen und vereinbarten ein Treffen am Montag – eben in Norddeutschland . . .

Wir verbrachten einen sehr entspannten Nachmittag, lernten viel Neues über Wisente und über uns – dies dann bei einer gemütlichen Jause an einem sonnigen Plätzchen.

Wisente gehören zu Nachkommen des Ur-Rinds. Sie lebten bis ins frühe Mittelalter auch in Europa frei in Wäldern und Auen. Sie sind verwandt und uneingeschränkt kreuzbar mit dem amerikanischen Bison.

Inzwischen gibt es in Europa „nur“ noch Zuchtstationen und Zoos die versuchen, mittels Auswilderungsprojekten Wisente wieder in deren ursprünglicher Heimat anzusiedeln.

Die letzten Tage verbrachten Deborah und ich an und um die Müritz, sei es mit dem Kajak auf dem Wasser, mit den Bikes und zu Fuss in urigen Wäldern oder eben an einem kleinen See, wo Kraniche sich sehr häufig zum Nachtlager treffen …

Du erinnerst dich jetzt vielleicht an unseren Besuch am Ufer der Ostsee, am Saaler Bodden, Wiese mit Kranichen …

Hier im Raum der Mecklenburgischen Seenplatte hatten wir jedenfalls nicht das Glück, Kraniche zu treffen, vielleicht kamen sie für uns zu spät oder wir mussten zu früh gehen, wie auch immer: wieder etwas gelernt.

Alles in allem war es aber eine wunderschöne „Jungfernreise“ mit unserem Zirbel und hinsichtlich Ostsee und Mecklenburgische Seenplatte werden wir immer offen für einen neuen Besuch sein – dann gewiss über mehrere Monate.

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